So lebt es sich plastikfrei in Augsburg

Etwa ein halbes Jahr ist ins Land gegangen, seit ich beschlossen habe, unseren (Plastik)Müll zu reduzieren und ein plastikfreieres und ressourcenschonendes Leben zu führen. Viel hat sich in dieser Zeit in unserem Leben und in unserem Einkaufsverhalten getan. Mit meinem Lebensstil habe ich auch schon viele angesteckt und zum Nachdenken gebracht. Immer wieder höre ich Sätze wie: „Wegen dir kriege ich die Krise, wenn ich das ganze Plastik sehe!“ Gut so! Denn je mehr wir Widerstand leisten, desto schneller können wir die Industrie zum Umdenken bewegen!

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Es gibt sogar Menschen, die setzen sich bewusst in den Service-Bereich eines Cafés, weil sie dort eine Porzellantasse bekommen statt eines Wegwerfbechers. Das geht leider nicht in allen Augsburger Caféläden. Aber das ist eine andere Geschichte …

Neue Wege, mehr Gelassenheit
So kann man meine Einkaufsgewohnheiten zusammenfassen. Während ich früher – wie so viele andere Familien – hauptsächlich beim Discounter und DM einkaufte, hat sich mittlerweile eine ganz neue Einkaufsroutine ergeben. Nun führt mich mein Weg eher in die kleinen Läden, in denen noch das persönliche Einkaufserleben im Vordergrund steht. Dort bekomme ich nicht nur leckere Sachen, sondern kann auch noch ein Schwätzchen halten. Das mag zwar objektiv länger dauern, hat subjektiv aber einen gemütlicheren Touch. Insgesamt ist das Einkaufen trotz der weiteren Wege entspannter geworden.

Zudem macht der Verzicht auf Plastik vieles einfacher. Die Auswahl, und damit die Entscheidungen, die man treffen muss, reduziert sich gewaltig. Im Supermarkt gibt es ja nur wenig Plastikfreies. Anfangs bin ich deswegen halb verrückt geworden, aber mittlerweile sehe ich das gelassener. Schließlich muss ich die Sachen ja nicht kaufen!

Und eigentlich geht es in Augsburg auch ohne Supermarkt. Denn dank der Rollenden Gemüsekiste kann man sich viele plastikfreie Artikel einfach nach Hause liefern lassen.

Weniger Plastik = besseres Essen
Ein Vorteil des plastikfreien Einkaufs ist, dass man grundsätzlich gesünder einkauft. Denn die gesunden Sachen – allen voran Obst und Gemüse – bekommt man ja relativ einfach unverpackt, wenn man nicht gerade im Discounter einkauft. Fertiggerichte standen bei uns sowieso nie auf der Einkaufsliste. Statt Fruchtjoghurt gibt es bei uns Naturjoghurt, den wir mit selbstgemachter Marmelade oder Schokostreuseln aufpeppen. Dank unseres Joghurtbereiters haben wir immer einen reichlichen Vorrat.

Süßes weglassen ist zwar gesund, aber gerade mit Kindern im Haus fast unvorstellbar. Wer die Wege nicht scheut, kann dank der vielen Schokoladengeschäfte in der Altstadt wie Bitter Süß und Johannes Becker oder der Bonbonmanufaktur Guzzi seine süße Sünden auch unverpackt bekommen.

Wer auf Plastik verzichtet, muss kreativ werden
Trotz der vielen Möglichkeiten: Wer Plastik so weit wie möglich aus seiner Küche verbannen will, muss seine kleinen grauen Zellen anstrengen. Landete bisher alles ohne nachzudenken im Einkaufswagen, erwischt man sich plötzlich bei Fragen wie: „Brauche ich das überhaupt? Kann man das nicht selber machen? Gibt es das nicht anderswo ohne Plastikhülle?“

Wer braucht beispielsweise Flüssigseife im Plastikspender, wo doch auch ein Stück Seife sauber macht? Warum mische ich mir mein Müsli nicht einfach selbst, statt eins zu kaufen, das immer in Plastik verpackt ist? Wo finde ich in Augsburg die entsprechenden unverpackten Zutaten?

5 Tipps für den plastikfreien Einkauf in Augsburg
Es gibt kleine Schritte, die jeder selbst leicht gehen kann und größere, die etwas mehr Vorbereitung brauchen. Welche Schritte das sind und wie man sie speziell in Augsburg umsetzt, das möchte ich in fünf Punkten vorstellen und damit meinen Beitrag zur ersten Augsburger Blogparade leisten.

1. Jute statt Plastik

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Der Prototyp der DM-Tasche: mein wegglasäggla, das mich gleich als Fränkin outet

Das ist eigentlich das einfachste und lässt sich auch in jedem (Augsburger) Laden umsetzen: Ich habe immer mindestens eine Baumwolltasche dabei. Gerne auch die aus Augsburg von manomama, die es ja bei der Drogeriekette DM in vielen schönen Farben zu kaufen gibt. Beim Bäcker kommen Brot und Brötchen direkt in diese Tasche. So handhabt es zumindest mein Bäcker um die Ecke in der Wellenburger Straße, Degle. Bei anderen Bäckern ist das wohl nicht immer so einfach, habe ich mir sagen lassen. Vor allem die Verkäuferinnen bei Ihle tun sich damit schwer. Da sag ich nur: Steter Tropfen höhlt den Stein. Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die dagegen spricht. Höchstens Geschäftspolitik.

Wer stets eine Stofftasche dabei hat, ist für alle Lebenslagen gerüstet. Denn auch beim Kauf von Klamotten oder Bürokram kann man auf Plastik verzichten. Man muss einfach nur schnell sein und im richtigen Augenblick sagen: „Danke, ich brauche keine Tüte!“ Wer möchte, der kann auch gleich von seiner prinzipiellen Ablehnung von Plastik erzählen. Gerade für Verkäufer ist der Griff zur Plastiktüte ja automatisiert. Da lohnt es sich manchmal, ein wenig aufklärend tätig zu werden …

2. Glas statt Plastik
Säfte, Milch, Joghurt und Sahne gibt es in Pfandgläsern, vereinzelt auch Buttermilch und Molke. Meine Wege führen mich dazu meist zu Tengelmann oder zu REWE. Dort gibt es die gute Bergbauern Milch in der Pfandflasche. Wer es lieber in Bio möchte, kann Milch wöchentlich bei der Rollenden Gemüsekiste bestellen. Kleine Warnung: Bei der gelieferten Demeter-Milch bildet sich ein dicker Rahmklumpen, den ich auch mit heftigstem Schütteln nicht aufgelöst bekomme. Ich persönlich mag das ja gerne, ist aber bestimmt nicht jedermanns Sache. In Bio-Läden gibt es natürlich eine größere Auswahl an Milchpfandflaschen.

Manche Dinge, die ich bisher immer automatisch im Tetrapak besorgt hatte, gibt es auch im Glas. Passierte Tomaten gibt es in Bioqualität im Supermarkt, der Drogerie und natürlich im Bioladen. Tomatenmark im Glas ich etwas schwieriger: Ich habe es nur bei Bios gefunden, aber auch bei der Rollenden Gemüsekiste kann man es bestellen. Und natürlich gibt es zahlreiche andere Gemüsesorten, die im Glas zu finden sind.

3. Lose statt in Plastik verpackt

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Getrocknete Früchte und Nüsse zum Abfüllen gibt es im Viktualien Feinkost

Mit einem Korb lässt sich auf dem Stadtmarkt oder in einem Gemüseladen wunderbar Obst und Gemüse kaufen. Da wir lange in der Bäckergasse gewohnt haben, gehe ich dort immer noch gerne zu Viktualien Feinkost. Dort gibt es lose Eier, Nüsse und Trockenfrüchte, die im Glas aufbewahrt werden, offene Oliven und andere Köstlichkeiten. Fortgeschrittene Verpackungsverweigerer kommen gleich mit ihren eigenen Behältnissen (alte Marmeladen-, Senf- oder Gurkengläser eigenen sich fantastisch dafür). Dort ist kein Problem, sich die Sachen direkt einfüllen zu lassen. Für Obst und Gemüse gibt es Papiertüten und an der Kasse reicht ein kurzer Hinweis, doch bitte auf Plastiktüten zu verzichten …

Wer sein Gemüse im Supermarkt kauft, der kann auch Stoffbeutel benutzen, wie es sie zum Beispiel bei naturtasche.de gibt. Das Ärgerliche im Supermarkt ist allerdings, dass meist gerade das Biogemüse in Plastik eingepackt ist. Da heißt es abwägen.

Auch für Mehl, Getreide, Nüsse & Saaten habe ich eine „lose“ Lösung gefunden. Bei Mehl Mayr In Göggingen in der Wiesenbachstraße scheint die Welt seit mehr als 50 Jahren stillzustehen. Wer kein eigenes Gefäß mitbringt, bekommt eine Papiertüte für sein Mehl. Was es dort sonst noch zu kaufen gibt, gibt es im Artikel „Mehl und Butter von Onkel Mayr“ zu lesen.

Für die Eier fahre ich häufig zu Höfle’s Hofladen nach Innigen und in die Bobinger Straße. Dort gibt es auch einen Eier-Notfallservice.

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Auch für offenen Tee und Kaffee gibt es Lösungen. Zahlreiche Teeläden bieten ja offenen Tee an und es spricht nichts dagegen, mit seiner eigenen Dose dort aufzuschlagen. Ebenso verhält es sich mit Kaffee. Wer Kaffeebohnen braucht, hat es dabei sicherlich einfacher, denn die Mahlmaschinen bei Tchibo & Co. sind nun mal so ausgelegt, dass man immer eine Plastikverpackung reinklemmen muss. Da hilft nur mehrmals verwenden, was für die Verkäuferin in der Karolinenstraße überhaupt kein Problem darstellt. Auch bei Augustin Exclusiv bin ich schon mit meiner Dose vorbei gegangen. Dort wurde der Kaffee einfach in meine Dose umgeschüttet und die Tüte wiederverwendet. Trotzdem schade, dass es nicht komplett plastikfrei geht.

4. Papier statt Plastik
Augen auf beim Einkauf. Vieles gibt es auch im Karton statt in Plastik verpackt. Zum Beispiel Nudeln oder Tiefkühlprodukte. Statt Eis am Stiel kaufen wir Eiskonfekt im Karton. Und auch tiefgekühltes Gemüse gibt es in der Pappschachtel.

Wer auf Fleisch, Wurst und Käse nicht verzichten möchte, hat immer die Alternative, zum Metzger oder zu einem der leckeren Käsestände auf dem Stadtmarkt zu gehen. Dort geht es zwar leider auch nicht plastikfrei zu, aber zumindest bekommt man Wurst und Käse in Papier. Das ist zwar teurer, aber aus meiner Sicht alternativlos. Die industrielle Aufzucht der Tiere, deren Fleisch in der Plastikverpackung im Supermarktregal landet, werde ich durch meinen Einkauf nicht unterstützen. Ich lege lieber mehr Geld hin und kaufe dafür weniger Fleisch. Am liebsten gehe ich zur Hofmetzgerei Öttillinger in der Bäckergasse. Dort haben die Höfe, auf denen die Tiere groß werden, zumindest einen Namen und kommen aus der Region.

5. Glas- oder Edelstahltrinkflasche statt Plastikflasche
Wer nicht sowieso schon eine Trinkflasche besitzt, sollte umsatteln. Leitungswasser ist gehaltvoller als jedes Wasser in der Plastikflasche, das extra sterilisiert wird und danach nichts Lebendiges mehr enthält. Wer sich eine Glas- oder Edelstahlflasche anschafft, kann diese auch überall nachfüllen. Beispielsweise an den Trinkwasserbrunnen der Stadtwerke. Alternativ gibt es auch wunderbares mit Sauerstoff angereichertes Wasser in der Pfand-Glasflasche zu kaufen.

Plastik ist immer Gesprächsstoff
Insgesamt ist mein Leben kommunikativer geworden, seit ich plastikfreier lebe. Ich werde nicht müde zu erzählen, dass ich gerne einen unverpackten und plastikfreien Laden  in Augsburg eröffnen möchte. Das plastikfreie Leben ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern bietet allerhand Gesprächsstoff. Häufig rennt man offene Türen ein, wenn man über seine Überzeugung spricht. Viele sind genervt von der Plastikflut und wünschen sich weniger davon. Bei meinen Einkaufsausflügen stoße ich meist auf viel Verständnis.

Aufgefallen ist mir dabei auch, dass vor allem ältere Menschen gut ausgerüstet zum Einkaufen gehen. Sie haben Taschen und Körbe dabei, ebenso bereits benutzte Papiertüten. Man merkt eben, dass sie in einer anderen Zeit groß geworden sind und nicht wie unsere Generation mit einer Wegwerfmentalität sozialisiert wurden. Wir müssen erst wieder lernen, sparsam mit den Ressourcen dieser Welt umzugehen. Und das ist – auch in unserem Haushalt – noch ein weiter Weg!

Auch wenn man mit viel Erfindungsreichtum seinen plastikfreien Einkauf tätigen kann, wäre es doch schöner, eine einzige Anlaufstelle zu haben, wo man alles plastikfrei kaufen kann. Habt ihr dazu eine Meinung? Möchtet ihr mich unterstützen? Einfach auf diesen Beitrag antworten: Ich freue mich über jede Rückmeldung!


Dieser Beitrag ist Teil der ersten Augsburger Blogparade. Mehr Infos zum Projekt findest Du unter https://ichbinaugsburg.wordpress.com

11 Kommentare

  1. Danke für diesen Beitrag. Nachdem ich „Plastic Planet“ gelesen habe stehe ich Plastik auch sehr kritisch gegenüber. Schön, dass es in Augsburg auch ohne Plastik geht.

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    1. Lieber Rainer,

      ja, in der Tat, seit ich den Film gesehen habe, fällt es mir sehr schwer, Plastik auch nur anzufassen…
      Ich bin froh, dass ich viele Möglichkeiten gefunden habe, plastikfrei einzukaufen. In anderen Orten mag es nicht so einfach sein!.

      VG
      Sylvia

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    1. Das freut mich…. Und ich habe noch mehr 😉 Zum Beispiel ist mir eingefallen, dass es im Asien-Laden in der Spitalgasse offenen Tofu und Sojasprossen gibt. Das müsste ja auch verpackungsfrei zu haben sein.

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  2. Dieser Beitrag ist super! Ein paar Läden kannte ich noch nicht und die helfen mir gerade in ungelösten Fragen weiter!
    Allerdings ist mein Gemüse von der rollenenden Gemüsekiste meist in einer großen Plastiktüte. Wie ist das bei dir? Werde wohl bei der nächsten Bestellung eine Notiz hinzufügen.

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    1. Hallo Stephanie,
      schön, dass ich weiterhelfen konnte ;-). Bei der rollenden Gemüsekiste habe ich angegeben, dass ich keine Tüte haben möchte. Das klappt jetzt super.
      Wenn ich nicht bei der Kiste bestelle, dann kaufe ich mein Gemüse eben lose oder in der Naturtasche im Supermarkt oder bei Viktualien in der Bäckergasse. Das ist sowieso eine gute Adresse, um leckere mediterrane Feinkost zu bekommen. Dort füllt man alles auf Wunsch ins mitgebrachte Glas ab.
      Viele Grüße
      Sylvia

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  3. Hallo Sylvia,
    ich bin gerade erst auf deinen Blog gestossen und werde wohl in Zukunft öfter mal vorbeischauen. Ich habe gerade erst angefangen, mich mit dem Thema Plastikfrei zu beschäftigen. Leider gibt es bei uns noch keinen verpackungsfreien Laden, aber auch ich bin fleißige Kundin der Rollenden Gemüsekiste und Hofläden in unserer Umgebung.

    Liebe Grüße aus dem Augsburger Umland

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    1. Hallo Andrea,
      schön, dass du mitliest. Woher aus dem Umland kommst du denn? Vielleicht kann ich ja weiterhelfen. Auch im Umland läuft einiges an plastik- und verpackungsfrei. Du kannst jederzeit gerne auf dem Stammtisch für plastikfreies Leben kommen. Kommenden Dienstag, am 5. September, ist es wieder soweit. Da kommen auch viele Leute aus dem Umland.
      Viele Grüße
      Sylvia

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      1. Hallo Sylvia,
        wir wohnen in Dillingen a.d. Donau. Die nächsten verpackungsfreien Läden, die ich bisher gefunden habe sind in Augsburg und Nördlingen. Wir haben direkt hier einen kleinen gut organisierten Bio-Laden, der aber leider nicht alles verpackungsfrei verkauft.
        Den Stammtisch habe ich gesehen, aber da ich aktuell im 8. Monat schwanger bin und nicht mehr abends alleine die Strecke nach Augsburg und zurück mit dem Auto fahren möchte, werde ich wohl erst auf einen der kommenden Termine vorbeischauen.
        Viele Grüße
        Andrea

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